Über die Jahre haben E-Pianos mehr und mehr Funktionen erlangt. Was alles kann ein E-Piano heutzutage eigentlich?

E-Pianos können den Klang, die Tastatur und die Pedale von echten Klavieren nahezu perfekt nachahmen. Zusätzlich können sie an Kopfhörer angeschlossen und ohne Mikrofon in hoher Qualität aufgenommen werden. Besitzern steht auch eine Auswahl an verschiedenen Klängen zur Verfügung.

Es gibt auch Funktionen, von denen du vermutlich noch nie etwas gehört hast, wie zum Beispiel Splitting oder manuelle Temperierung. Nach diesem Artikel wirst du alles wissen und kannst dich einen E-Piano-Experten nennen.

Die wichtigsten Fähigkeiten eines E-Pianos

E-Pianos können überraschend viele Sachen. Ich finde, sie gehören zu den fortgeschrittensten Technologien von heute. Für viele erscheint diese Aussage übertrieben, aber nach diesem Artikel siehst du das vermutlich genauso wie ich. 

E-Pianos können eine echte Klaviertastatur nachahmen

Die Tastatur von E-Pianos funktioniert nach demselben Prinzip, wie die Tastatur eines echten Klaviers oder Flügel. Man nennt diese Funktionsweise Hammermechanik

Schau dir mal ein Klavier von innen an. Dann siehst du, warum du es Hammermechanik nennen musst. Denn Klaviere haben für jede Taste einen kleinen Hammer, der beim Drücken der Taste auf die jeweilige Saite schlägt. E-Pianos haben solche Hammer nicht, aber es fühlt sich so an.

Keyboards haben viel simplere Tasten. Sie werden von einer Sprungfeder wieder hochgezogen, wenn du sie loslässt. Auf solchen Tasten wirst du keine gute Klaviertechnik erlernen.

Tipp: E-Pianos mit schwereren Tasten sind immer besser. Denn die Tasten von echten Klavieren sind meistens schwerer als die von E-Pianos. Besser du gewöhnst dich an schwere Tasten damit deine Finger sich nicht wie schwaches Gummi anfühlen, wenn du mal auf einem echten Klavier spielst.

Gute E-Pianos haben auch eine skalierte Gewichtung. Das bedeutet, dass die unteren Tasten schwerer als die oberen sind – genauso wie bei echten Klavieren und Flügeln.

Anschlagdynamik ist selbstverständlich auch vorhanden. Bei allen E-Pianos, wenn ich mich nicht irre. Denn selbst gewöhnliche Keyboards und Midi-Keyboards haben das. Anschlagdynamik bedeutet, dass eine Ton laut gespielt wird, wenn du feste auf eine Taste drückst.

Zu beachten ist auch Repetitionsmechanik. Das ist meiner Meinung nach eine sehr wichtige Eigenschaft einer Klaviertastatur, die nicht immer vorhanden ist. Sie erlaubt Pianisten, schneller zu spielen und wurde im 19. Jahrhundert eingeführt. Ganz alte Klaviere haben diese Mechanik also auch nicht. So findest du heraus, ob ein E-Piano Repetitionsmechanik hat:

  1. Drücke eine zufällige Tastatur runter
  2. Mach das so langsam, dass kein Ton dabei entsteht
  3. Drücke so tief, bis du die Taste zu circa 70% runtergedrückt hast
  4. An einem gewissen Punkt solltest du einen leichten Widerstand fühlen
  5. Drücke weiter bis dieser Widerstand nachlässt und du den Grund erreichst

Wenn du diesen kurzen Widerstand nicht fühlen kannst, hat die Tastatur keine Repetitionsmechanik. 

Bei hochwertigen E-Pianos hat die Tastatur Ivory Touch. Das bedeutet, dass sich die Oberfläche der Tastatur wie Elfenbein anfühlt. Ich finde dieses Feature ist ziemlich wichtig. Auf einer rutschigen Tastatur wirst du keine gute Klaviertechnik entwickeln.

Randinfo: Manche E-Pianos haben auch Holztasten. Allerdings sind Tasten aus Plastik auch völlig in Ordnung. Ich spiele schon seit Jahren auf Plastiktasten und konnte meine Klaviertechnik gut weiterentwickeln.

Hier ist eine kleine Zusammenfassung, wie eine die Tastatur eines E-Pianos eine echte Klaviertastatur imitiert:

  • Hammermechanik
  • Skalierte Gewichtung
  • Anschlagdynamik
  • Repetitionsmechanik
  • Ivory Touch

Manche E-Pianos haben nur einige dieser Eigenschaften. Doch wenn du richtig gut im Klavierspielen werden willst, solltest du dir ein E-Piano kaufen, dass alle diese Eigenschaften hat. Wie zum Beispiel diese hier:

Ein E-Piano kann den Sound von echten Flügeln nachahmen

Glaub mir: Dieses Thema ist viel komplizierter, als du denkst. Du weißt vermutlich schon, dass Hersteller echte Klaviere und Flügel aufnehmen und ihre E-Pianos mit diesen Klängen ausstatten. Dieser Prozess nennt sich Sampling.

Jeder einzelne Ton wird sehr viele Male aufgenommen. Es gibt nämlich hunderte von verschiedene Stufen von leise und laut. Denn E-Pianos müssen eine fließende Dynamik haben. Ansonsten wird eine Taste viel zu laut gespielt, wenn du sie nur ein wenig stärker drückst.

Randinfo: Bei vielen E-Pianos werden die aufgenommenen Töne auf einem Computer bearbeitet, damit es von jedem Ton verschiedene Versionen (lauter und leise) gibt. Billige E-Pianos dagegen bestehen komplett aus computergenerierten Tönen und hören sich künstlich an. 

Der Key-Off Effekt ist auch sehr wichtig. Wenn du auf einem echten Klavier eine Taste ganz kurz drückst, hörst du im Raum trotzdem noch für eine Weile ein leichtes Hallen. Gute E-Pianos können auch das nachahmen. 

Etwas, das du vermutlich noch nicht kanntest, ist Saitenresonanz. Es ist ein wenig kompliziert, aber du wirst es verstehen, wenn du es selbst ausprobierst. Dafür brauchst du ein echtes Klavier oder ein E-Piano, das Saitenresonanz imitieren kann. So testest du ob ein Klavier Saitenresonanz hat:

  1. Lege deinen Arm horizontal auf die Tastatur
  2. Drücke langsam so viele weiße Tasten wie möglich runter
  3. Dabei darf kein Ton entstehen
  4. Die Tasten sollen ganz am Boden bleiben
  5. Mit deiner anderen Hand musst du andere weiße Tasten spielen
  6. Drücke die Tasten in Staccato (ganz kurz und schnell)
  7. Daraufhin wird das Klavier interessante Geräusche von sich geben

Hier habe ich für dich ein Video, falls du es gerade nicht ausprobieren kannst. Es wird zwar anders vorgeführt, aber es ist dasselbe Prinzip. Und es hört sich echt cool an (zieh dir besser Kopfhörer an!).

Warum entstehen diese Geräusche? Wusstest du, dass du durch Pfeifen oder Singen ein Weinglas zum Klingen oder sogar zum Zerbrechen bringen kannst? Das passiert wegen einem physischen Konzept, das Resonanz heißt.

Die Vibration eines Tons, den du von dir gibst, kann andere Objekte zum vibrieren bringen. Genauso bringen die Vibrationen der Saiten auf dem Klavier einander in Schwingung bei dem Experiment, das du durchgeführt hast. Denn da du die Tasten gedrückt gehalten hast, waren sie nicht gedämpft. Dasselbe Experiment kann auch mit zwei Stimmgabeln durchgeführt werden:

E-Pianos, die dieses Prinzip der Saitenfrequenz nicht imitieren, hören sich einfach nicht echt an. Deshalb werden Computergenerierte Sounds niemals mit echten Samples mithalten können.

Ein E-Piano kann echte Klavierpedale nachahmen

Ein Klavierpedal zu imitieren ist schwieriger, als viele denken. Es handelt sich nämlich nicht um eine Art An-Aus-Hebel. Denn das Dämpferpedal bei echten Klavieren kann ganz leicht und sehr tief gedrückt werden. Das macht einen großen Unterschied beim Klang. E-Pianos müssen auch das simulieren können.

Auch interessant: Anfänger ignorieren das meistens und drücken das Pedal so tief, wie sie wollen. Doch der Grund, warum Vladimir Horowitz, einer der größten Pianisten, so gut war, war zu einem großen Teil seine Pedaltechnik. Die Klänge, die er dank seiner gezielter Einsetzung des Pedals erzeugte, machen heute noch alle Pianisten neidisch. 

Wenn du deine Pedaltechnik ruinieren willst, dann kauf dir ein loses Pedal. Es kann beim Spielen wegrutschen und hat kaum Widerstand. Du kannst deinen Fuß darauf also gar nicht liegen lassen, ohne es zu betätigen. Das führt zu Anspannungen im Bein. Das, was du unten links siehst ist viel besser.

E-Pianos können mehrere Sounds haben

Bei jedem E-Piano kannst du zwischen mehreren Sounds auswählen. Beim Üben wechsle ich zwischendurch die Art des Klavierklangs, um mehr Abwechslung zu haben.

Du kannst aber auch Streicher und Chöre auf E-Pianos spielen (falls vorhanden). Aber Achtung: Wenn du ein sehr günstiges E-Piano mit extrem vielen Sounds (zum Beispiel mehr als 50) findest, ist das meistens kein gutes Zeichen, was die Qualität des E-Pianos angeht. 

Tipp: Du kannst auf einem E-Piano ein paar Akkorde mit Streicher-Sounds aufnehmen und dann darüber mit normalem Klavier-Sound spielen. Es fühlt sich an, als würdest du dein eigenes Klavierkonzert spielen. So habe ich angefangen, mehr über Akkorde und Komposition zu lernen. 

E-Pianos können ohne Mikrophon aufgenommen werden

Es gibt insgesamt drei Wege, E-Pianos aufzunehmen. Und das ohne Mikrophon – das brauchst du für E-Pianos überhaupt nicht. 

Weg 1: Jedes E-Piano hat eine Aufnahme-Taste. Du drückst sie, um eine Aufnahme zu starten und drückst sie, um sie zu beenden. Falls dein E-Piano einen USB-Anschluss hat, kannst du ganz einfach deine Aufnahme über einen USB-Stick auf deinen Computer laden.

Weg 2: Jedes E-Piano hat einen MIDI-Anschluss (Musical Instrument Digital Interface). Mit einem bestimmten Kabel kannst du einen Computer durch den MIDI-Anschluss mit deinem E-Piano verbinden. Durch diesen Anschluss sendet dein E-Piano keine Töne, sondern Daten an deinen Computer. Der Computer verarbeitet diese Daten und spielt elektronisch generierte Töne über eine DAW* ab.

Ein E-Piano kann also auch als MIDI-Keyboard verwendet werden. Was das ist, lernst du hier.  

Was ist eine DAW? DAW steht für Digital Audio Workstation. Mit so einer Software kannst du Musik komponieren.  

Weg 3: Das hier ist der beste Weg, wenn dir gute Tonqualität wichtig ist. Hierfür brauchst du ein Interface, das dein E-Piano mit einem PC verbindet. Nach erfolgreicher Verbindung kannst du die originalen Töne deines E-Pianos aufnehmen. Als Aufnahmeprogramm kannst du Audacity verwenden. 

Auf einem E-Piano kannst du mit Kopfhörern spielen

Wenn du viel Klavier übst, wirst du irgendwann deinen Mitbewohnern oder Nachbarn auf die Nerven gehen. Deshalb lohnt es sich, ein E-Piano oder Hybrid-Piano zu haben.

Wie ich  überredet wurde, ein E-Piano zu kaufen: Nachdem ich zum 28. Mal dieselbe Fingerübung wiederholte hörte, fing mein Klavier an zu mir zu sprechen: “Du gehst mir auf die Nerven„. Doch es stellte sich heraus, dass das mein Bruder direkt hinter mir war, bereit, meine Finger zu brechen, falls ich weiter mache. 

Doch sei nicht zu voreilig mit dem Kauf von Kopfhörern. Für die meisten E-Pianos brauchst du besondere. Denn der Kopfhöreranschluss ist da viel dicker und nicht so klein wie bei Smartphones. Finde zuerst heraus, welcher Anschluss der richtige ist. In der Anleitung des E-Pianos muss der Durchmesser in Millimeter angegeben werden. Meistens sind es 6,3 mm (der linke unten auf dem Bild).

Du kannst dein E-Piano leiser stellen

Alle E-Pianos haben einen Lautstärkeregler. Eine Freundin von mir studierte Klavier am Konservatorium und sagte, dass es ihre Lieblingsfunktion war. Sie musste viele Stücke spielen, die sie nicht mochte. Deshalb übte sie sie an einem E-Piano mit dem Lautstärkeregler ganz weit unten.

4 E-Piano-Funktionen die sehr unbekannt sind

Es war mir sehr peinlich: Nach 5 Jahren an meinem E-Piano fand ich heraus, dass es noch weitere versteckte Features gab, von denen ich nichts wusste. Von diesen Funktionen wissen nur die wenigsten bescheid:

Transpose – Die Tonart per Knopfdruck wechseln

Du hast doch bestimmt von Begriffen wie “C-Dur” oder “a-Moll” gehört. Diese Sachen nennt man Tonart. Anfänger lernen zuerst immer C-Dur – die Tonart mit nur weißen Tasten. 

Falls du keine Lust hast, neue Tonarten zu lernen, aber dazu gezwungen bist, weil du zum Beispiel mit anderen Instrumenten zusammen spielen musst, kannst du die Transpose-Funktion verwenden. 

Mit dieser Funktion kannst du den Klang der Tastatur so verändern, dass du zum Beispiel in F-Dur anstelle von C-Dur spielst, wenn du nur weiße Tasten benutzt. Ich empfehle dir jedoch, alle Tonarten zu lernen, damit du dich als Pianist richtig weiterentwickelst. 

Tuning – Die Temperierung des E-Pianos ändern

Wusstest du, dass alle Klaviere verstimmt sind? Nimm dir mal ein Stimmgerät und teste ein E-Piano. Obwohl ein E-Piano gar nicht verstimmt sein kann, wird dir das Stimmgerät sagen, dass es verstimmt ist. Warum? Temperierung. 

Klaviere werden absichtlich unrein gestimmt. Das wird als Temperierung bezeichnet und führt dazu, dass ein angenehmerer Klang produziert wird.

Doch jetzt kommt der wichtige Teil. Bei der Temperierung von Klavieren gibt es einen gewissen Spielraum. Es gibt nicht den einen richtigen Weg, ein Klavier zu temperieren.

E-Pianos haben keine Saiten. Also können sie eigentlich weder gestimmt noch temperiert werden. Doch manche E-Pianos haben tatsächlich eine Funktion, durch die sie temperiert werden können.

Du kannst den Sound also so tunen, dass er auf deinen persönlichen Geschmack angepasst ist. Das ist jedoch nicht einfach. Du musst dich ein wenig mit Temperierung auskennen. Es schadet aber nicht, damit rumzuspielen, wenn du dieses Feature hast. Ein E-Piano kann immer auf den Werkzustand zurückgesetzt werden.

Sound Splitting – Die Tastatur in zwei teilen

Weißt du, warum in die Lehrräume in Konservatorien immer zwei Flügel haben? Das ist so gemacht, damit der Professor dem Studenten etwas demonstrieren kann, ohne dass sie durchgehend den Platz wechseln müssen. 

Genau das können auch manche E-Pianos. Mit dem Sound-Splitting Feature wird die Tastatur in zwei Teile aufgeteilt, sodass zwei Leute darauf spielen können. Du kannst es auch so einstellen, dass der untere Teil Streicher oder Bass Sounds wiedergibt und der obere Teil ein Klavier ist. Dann kannst du mit Freunden gemeinsam Musik machen. 

Lernfunktion – Nützt das überhaupt etwas?

Viele E-Pianos haben eine Lernfunktion, ohne das die Besitzer etwas davon wissen. Das ist aber nicht schlimm. Ich sehe darin nämlich keinen besonderen Nutzen. Denn sie hilft dir nicht wirklich beim Lernen. Es wird einfach ein Stück abgespielt und du bestimmst den Rhythmus und die Geschwindigkeit, indem du zufällige Tasten drückst. So hat glaube ich noch keiner Klavierspielen gelernt.

Das sieht dann ungefähr so aus:

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